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Was versteht man unter einer Kultur der Nachhaltigkeit

 

Frau Prof. Dr. Carola Strassner, Stiftungsprofessorin Nachhaltige Ernährung der Fachhochschule Münster, schreibt im Themenheft 2012 des AOEL zum Begriff der Nachhaltigkeit, dass die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt werden, ohne zu riskieren, daß zukünftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Viele nennen inzwischen fast mantra-artig die drei Elemente bzw. Säulen der Nachhaltigkeit Ökologie, Ökonomie und Soziales.

 

Nachhaltigkeit im täglichen praktischen Umgang:


Die maximale Entwicklung dieser 3 Säulen ist in der Tat ein positiver Leitfaden für die Entwicklung und die Sicherheit des maximalen ökologischen Prozesses unter dem Aspekt des Ressourcenschutzes – Einer Ökonomie, die auf konsequente Fairness, Partnerschaft, Unterstützung und Verständnis setzt, und eine Entwicklung, bei der die notwendigen sozialen Bedürfnisse der Marktteilnehmer, insbesondere armer Bauern in Entwicklungsländern, erfüllt werden.

 

1. Nachhaltiger ökologischer Prozess am Beispiel Tee-Anbau:

Für den ökologischen Landbau in Entwicklungsländern bedeutet Nachhaltigkeit, dass nicht nur die europäischen Gesetze für den ökologischen Landbau bürokratisch erfüllt, sondern echte Bewirtschaftungs- und Nährstoffkreisläufe geschaffen werden, die positiven Einfluss auf die Humusbildung und die Fruchtbarkeit der Böden haben, dem Umwelt- und Klimaschutz dienen und die zukünftige Ernährung von Menschen positiv unterstützen. Zudem müssen solche Prozesse mit Beratung und gutem Qualitätsmanagement unterstützt und die Umsetzung permanent, praktisch und vollständig kontrolliert werden.

 

2. Nachhaltige Ökonomie am Beispiel Tee-Anbau:Nachaltigkeit Fairbiotea

Für die Ökonomie – und somit für alle Marktteilnehmer, die mit solchen Bioprodukten
Handel betreiben – bedeutet das, alte Handelsstrukturen nach und nach aufzugeben
und eine Entwicklung einzuleiten, deren Preisgestaltung sich nicht am Markt, sondern
an den Herstellungskosten und an fairen Vermarktungschancen orientiert.
Solche Preise müssen individuell unterschiedlich sein, je nachdem wie die
Entwicklung des nachhaltigen Prozesses vorangeschritten und der Absatz der Gesamtproduktion gesichert ist. Hierbei trägt der Handel eine große Verantwortung.
Faire Preise für nachhaltig hergestellte Produkte können nur umgesetzt werden,
wenn sich ein Markt für solche nachhaltigen Produkte etabliert hat.
Solange überwiegend Marktteilnehmer unterwegs sind, die solche nachhaltigen
Entwicklungen nicht honorieren wollen, gibt es auch wenig Chancen für eine
erfolgreiche und schnelle Entwicklung des nachhaltigen ökologischen Prozesses. Wenn es immer nur um den möglichst billigsten Preis geht, dann artet das Marktgeschehen in Unfairness aus, vor der viele Markteilnehmer noch die Augen verschließen.

Wenn Produzenten nicht die Einnahmen erzielen, die sie benötigen, um ihre Produktionskosten im ökologischen Anbau zu decken, dann werden sie bei der Produktion Kosten sparen müssen, um Verluste zu kompensieren, sie müssen im sozialen Bereich sparen und ihre Mitarbeiter und Bauern schlecht bezahlen und im schlimmsten Fall sind sie gezwungen, gegen den nachhaltigen Prozess zu verstoßen. Das alles passiert, weil wir keine nachhaltige Kultur in der Weltwirtschaft und auch nicht in der Bio-Wirtschaft haben.

Diese Aspekte der Unfairness spielen bei Verstößen gegen den ökologischen Anbau in Entwicklungsländern eine sehr große Rolle. Dagegen spielt es in Europa kaum eine Rolle, ob Marktteilnehmer Produzenten mit unfairen Preisen in eine aussichtlose Situation treiben, die es gar nicht zulässt, den ökologischen Prozess richtig umzusetzen.

 

3. Nachhaltige soziale Verantwortung am Beispiel Tee-Anbau:

In Entwicklungsländern ist eine nachhaltige soziale Verantwortung der Marktteilnehmer für die Bauern und Angestellten einer Bio-Farm untrennbar mit dem Erfolg des nachhaltigen ökologischen Anbaus verknüpft. Bauern und Angestellte einer Bio-Farm leisten die Mehrarbeit im ökologischen Landbau. Im Tee-Anbau bedeutet das z.B. die körperlich sehr anstrengende Arbeit beim Jäten von Unkraut per Hand (in China jäten ca. 1700 Bauern per Hand zweimal jährlich 360 Hektar Kulturfläche – für die gesamte ökologische landwirtschaftliche Arbeit, inklusive Tee-Ernte und Vorverarbeitung des Tees erhalten sie im Monat etwa 35 Euro).

Maschinelle Unterstützung kann nur ganz bedingt Erleichterung schaffen und ist oft aus Kostengründen nicht vorhanden. Die Kompostherstellung und die Ausbringung in hohen Lagen auf Bergen und in unwägbarem Gelände ist ebenfalls schwere Arbeit, die überwiegend per Hand verrichtet werden muss. Auch die Ertragsverluste, die im biologischen Landbau entstehen, müssen von den Bauern mitgetragen werden.

Oft wurden die Bauern gar nicht nach ihrer Zustimmung gefragt, bevor auf den ökologischen Anbau umgestellt wurde. Die Bauern wissen in den meisten Fällen ebenso wenig darüber Bescheid, was Ökolandbau bedeutet, wie die Produzenten, die oft nur an höheren Preisen interessiert sind, die üblicherweise für ökologisch hergestellte Produkte mit BioZertifikat erzielt werden.

Beratungsstrukturen sind keine vorhanden und Bio-Beratung für Bauern und Produzenten praktisch unmöglich. Dennoch werden Bio-Zertifikate ausgestellt. Das trägt nicht nur dazu bei, dass Fehler passieren, sondern dass die Bauern gezwungen sind, gegen den ökologischen Landbau zu verstoßen.

Der Produzent besitzt den Zertifizierungsvertrag und profitiert möglicherweise von höheren Preisen, aber die Bauern, die oft gar nicht wissen, warum sie diese Mehrarbeit leisten sollen, bekommen keine bessere Bezahlung für die Mehrarbeit von den Produzenten.

Leider sind überwiegend die kleinbäuerlich strukturierten Betriebe davon betroffen. Es ist wenig verwunderlich, dass unter diesen Bedingungen einige oder mehrere Bauern möglicherweise heimlich zu Mitteln greifen, die der Qualität im ökologischen Anbaus nicht dienlich sind. In der ökologischen Tee-Produktion betragen z.B. in China die Kosten für die Mehrarbeit im nachhaltigen ökologischen Anbau ca. 35- 50% des durchschnittlich erzielten Exportpreises. Die soziale Lebenssituation der Bauern wäre aber auch dann noch nicht angemessen hergestellt, wenn sie diese 35-50% mehr Einkommen für ihre Mehrarbeit erzielen könnten. Nicht nur deshalb ist es wichtig, dass die Marktteilnehmer ihre Verantwortung wahrnehmen und eine angemessene Bezahlung der Bauern einfordern und diese auch finanzieren. Leider sind wir davon noch sehr weit entfernt und müssen die Probleme, die dadurch entstehen, bewältigen.

 

Resümee

Leider geht die EU-Verordnung für den ökologischen Landbau oder deren Kontrollsystem nicht auf solche ganzheitlichen Betrachtungen im Sinne der o.g. Punkte ein. Beratungsstrukturen sind in Entwicklungsländern nicht vorhanden, oder zu teuer für Produzenten. Auch die Öko-Kontrollstellen weigern sich, solche ganzheitlichen Überlegungen zur Sicherheit der Verbraucher in ihre Inspektionsstandards einfließen zu lassen. Die Kontrollstellen lassen viele Fragen bezüglich einer professionellen Kontrolle in Entwicklungsländern offen und sind nicht am praktischen Verbraucherschutz, sondern an der Erfüllung von bürokratischen Anforderungen interessiert. Leider ist das alles nicht ausreichend, um Biosicherheit herzustellen – und schon gar keine Nachhaltigkeit.

Hier ist noch viel Handlungsbedarf bei allen Beteiligten. Nur leider unterscheidet die Verordnung nicht zwischen einem Biostandard, der sich in Entwicklungsländern in einem Entwicklungsprozess befindet und dem Prozess den wir in Europa haben. Ungeachtet dessen, das es auch in Europa viel Anlass zur kritischen Betrachtung bietet.
Wir würden es begrüßen, wenn mehr Ehrlichkeit herrschen würde. Der ökologische Entwicklungsprozess würde dann in Entwicklungsländern auch öffentlich das werden, was er ist: nämlich ein Prozess in Entwicklung, der auch als solcher Zugang zum Biomarkt hätte. Leider können die bestehenden Probleme nicht schnell beseitigt werden.

Genauso begrüßenswert wäre es, wenn die Probleme im ökologischen Anbau öffentlich und selbstbewusster ausgetragen und nicht mit einem ganzen Album von Siegeln zugekleistert würden.

Der ökologische Anbau ist eine gute Sache. Ökologische Produkte sind besser und verbraucherfreundlicher als konventionelle. Selbst dann noch, wenn der ökologische Prozess nicht vollständig erfüllt wird. Ökologische Produkte benötigen aber auch eine nachhaltige Entwicklung im Herstellungsprozess und im Handel – und nicht nur in Europa, sondern überall dort, wo ökologischer Anbau nach EU-Verordnung stattfindet.

Weitere Informationen über FAIRBIOTEA und ökologisch-fairen Teenanbau finden Sie unter
www.fairbiotea.de

 

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